
Dein Hund ist aufgeregt – Lass ihn Ruhe lernen
Anna will mit ihrer Junghündin Käthe in den Wald aufbrechen. Das Fertigmachen dauert, weil Käthe dauernd dazwischen wuselt. Sie ist immer sehr aufgeregt, wenn Anna Schuhe und Jacke holt, egal ob die Hündin mitkommt oder nicht. Anna ist mitunter ziemlich genervt davon, weil alles länger dauert, und sie die Hälfte vergisst, weil Käthe so eine Unruhe verbreitet. Wenn sie dann auch noch anfängt zu bellen. Anna wünscht sich, einfach mal in Ruhe losgehen zu können, und da gibt es auch noch die eine oder andere ähnlich unruhige Situation mit Käthe.
Vielleicht kennst Du das auch?
Warum ist es problematisch, wenn dein Hund aufgeregt ist?
Es gibt Schlüsselsituationen, die unsere Hunde wirklich aufregen. Ihre innere Erregung nimmt zu, weil sie etwas erwarten, statt abzuwarten, bis sie dran sind. So wie im Beispiel von Anna und ihrer Hündin im Flur, wenn die Kofferraumklappe ihres Autos auf dem Waldparkplatz aufgeht, wenn bekannte Personen auftauchen, oder ein ungeliebter Artgenosse im Park des Weges kommt. Dir fallen bestimmt noch weitere Beispiele aus dem Alltag mit deinem Hund ein.
Die gesamte Dynamik verändert sich dann. Da drängelt dein Hund sich an dir vorbei, oder wuselt zwischen deinen Beinen herum. Vielleicht wird es auch etwas lauter, weil dein Hund zusätzlich anfängt zu bellen. Dein Stresspegel steigt, seiner ebenfalls. Es wird hektischer, und Du bist genervt. Wenn dein Hund in so einer Situation einfach durchstartet, kann das durchaus mal gefährlich für ihn und andere werden. Zum Beispiel, wenn eine befahrene Straße in der Nähe ist.
Warum ist dein Hund überhaupt so aufgeregt?
Ich möchte dich beruhigen, die Reaktion deines Hundes ist normal. Dein Hund ist nicht etwa »kaputt«. Aber er hat gelernt, dass bestimmte Situationen, bekannte Menschen und Orte sehr aufregend für ihn sind. Das kann sich für ihn sowohl positiv als auch negativ anfühlen. In beiden Fällen aber aufregend, also nicht ent-spannt.
Andersherum betrachtet, stell dir die Frage, was hat er also bis dato nicht gelernt? Er hat nicht gelernt, „cool” zu bleiben und sich zurückzunehmen. Er hat bisher nicht die Erfahrung machen dürfen, wie das denn eigentlich geht, die Welt um sich herum geschehen zu lassen, ohne ständig auf sie reagieren zu müssen.
Das ist aus seinem Erleben heraus vollkommen nachvollziehbar. Denn für ihn sind besagte Situationen, Orte oder Menschen bisher immer mit Action verknüpft worden. Die Freundin kommt und begrüßt sogleich den aufgeregten Hund. Der Postbote klingelt, der Hund ist als erster an der Tür, oder du ziehst dich im Flur an, und es geht in aufgeregtem Zustand raus. Dein Hund reagiert jedes Mal, weil er es nicht anders kennengelernt hat. Dadurch hat sich bei ihm eine enorm hohe Erwartungshaltung entwickelt. Die wiederum sorgt für Aufregung in deinem Hund. Dabei ist es egal, ob es sich um Freude oder Unsicherheit handelt. Fakt ist, es ist immer Aufregung – also das Gegenteil von Entspannung und cool bleiben.
Das bedeutet auch für deinen Hund Stress, oftmals gepaart mit einem Zuviel an Verantwortung, bzw. einem Mangel an Sicherheit.
Darf mein Hund sich nun nicht mehr freuen?
Doch, darf er! Er soll sich selbstverständlich freuen, wenn er eine ihm vertraute Personen sieht, seinen Hundekumpel trifft, oder ihr gemeinsam aktiv unterwegs seid.
Der feine Unterschied besteht aber darin, ob dein Hund dann noch auf dich achten kann, weil er orientiert ist, oder ob er vor lauter Aufregung kein Halten mehr kennt.
Hilf deinem Hund in die Ruhe zu finden
Ob vor Freude oder aus Unsicherheit – wenn dein Hund aufgeregt ist, wird das in jedem Falle unangenehm bis problematisch. Spätestens dann, wenn er an der Leine kaum noch zu halten ist, weil der Rüde auf der anderen Straßenseite auftaucht, der Paketbote klingelt, oder er deine Freundin im Cafe erblickt. Wenn dein Hund Postboten umrennt oder unterm Tische hervorschießt und die Deko dabei mitnimmt, wird es problematisch. Da ist es auch egal, ob das aus Freude oder aus Unsicherheit geschieht.
Es ist also entscheidend, Ruhe in diese ganz alltäglichen Situationen zu bringen. In freudige und stressige. Denn wenn der Hund nicht lernt, in freudigen Situationen runter zu fahren, wie soll er das dann bewerkstelligen, wenn er eine Situation als stressig und unsicher erlebt?
Wenn es aufregend wird, ist es für unsere Hunde wichtig, in die Ruhe zu finden und sich zurückzunehmen. Abschalten, runterfahren – in die Ruhe finden heißt für deinen Hund: ich bin jetzt nicht dran. Ich muss nicht auf meine Umwelt reagieren, ich kann runterfahren und darf eine ruhige Kugel schieben. Das kann jeder Hunde lernen. Dazu muss er aber immer wieder die Gelegenheit von seinem Menschen bekommen.
Lebe deinem Hund Ruhe vor!
Wie das geht? Du begibst dich mit deinem Hund in Umfelder, die für ihn aufregende Außenreize enthalten, und an denen er eine erhöhte Erwartungshaltung hat. Hier lebst du deinem Hund Ruhe vor. Das kannst Du ganz unterschiedlich gestalten. Bei euch im Hausflur, oder auch in Form einer Fahrt zu eurem Lieblingsstrand, wo er normalerweise direkt in Richtung Wasser durchstarten würde. Oder du triffst dich mit einem befreundeten Mensch-Hund-Team im Park, wo beide Hunde normalerweise in freudiger Erwartung aufeinander losstürmen würden. Auch der Waldparkplatz kann ein wirkungsvoller Ort zum Abschalten sein, wenn dein Hund hier ansonsten direkt in den Jagdmodus verfällt und seine Nase mit dem Boden verwachsen zu sein scheint.
Zu Beginn empfehle ich gerne die Rahmenbedingungen für dich und deinen Hund einfach zu gestalten. Dein Hund ist beispielsweise in seiner geschlossenen Box im Auto, während er durch die geöffnete Kofferraumklappe die Umwelt wahrnehmen kann. So ist seine Sicherheit gewährleistet, gleichzeitig kann er Reize aufnehmen, ohne drauf los gehen zu können, denn dein Hund ist begrenzt. Du selbst kannst dich davor stellen, oder gemütlich davor hinsetzten (Campingstuhl einpacken nicht vergessen!), deinen Tee trinken, lesen oder meditieren. So kannst du authentisch Entspannung vorleben, und musst dabei an keiner Leine zerren.
Was kann ich falsch machen?
Beim Abschalten kannst Du wenig falsch machen. Kommandos wie z.B. „Sitz“ oder „Aus“ sind überflüssig. Damit würdest du deinem Hund ein Verhalten vorgeben, was dem inneren Gefühlszustand deines Hundes jedoch nicht entspricht. Er käme nicht in seinen eigenen Denkprozess. Vielleicht beobachtest du eine Veränderung in seiner Körperhaltung? Kommt er beispielsweise vom Stehen ins Sitzen, so drückt er dadurch aus, dass er sich bereits etwas mehr entspannen kann.
Bleibt er aufgeregt und kann sich nicht runterfahren, gibt es dafür immer einen Grund. Vielleicht hatte er bereits einen vollen Tag? Die Welt ist ihm in diesem Moment noch zu viel oder kommt ihm noch zu nah. Vielleicht schaust du ihn auch zu oft an, und das verunsichert ihn. Es kann viele Gründe dafür geben, dass dein Hund nicht in die Ruhe findet. Wichtig ist, ihn damit ernst zu nehmen, und die von dir gewählte Situation zu hinterfragen.
So trainiert ihr, in die Ruhe zu finden
Wenn dein Hund bereits mit dir lernen durfte, dass du für seine Sicherheit sorgst, und ihr etwas Erfahrung darin habt, eine ruhige Kugel zu schieben, kannst du das Ruhe praktizieren weiter ausbauen und variieren. Statt im Auto könnte dein Hund angeleint davor liegen, also schon mehr in der Welt. Er sollte aber die Möglichkeit haben, sich zurückzuziehen, wenn es ihm zu viel wird. Ein Welpe oder ein kleinerer Hund kann wunderbar auf deinem Schoß lernen, zur Ruhe zu kommen. Wenn ihr gemeinsam unterwegs seid, verweilt doch einfach mal für einige Minuten. So kann dein Hund auf diese Weise alle Umweltreize in sich aufnehmen, sie verarbeiten und sich zunehmend in die Situation entspannen. So bekommt er den Kopf frei, sich auf dich zu konzentrieren.
Sicherheit schenkt Ruhe
Um Ruhe zu üben, ist es elementar, dass du für eure Sicherheit sorgst. Dein Hund darf bemerken, dass du die Umwelt mit all ihren Reizen im Blick hast. Gegebenenfalls hältst du andere Hunde und Menschen von ihm fern. Sonst bleibt er selber wachsam, und kann eben nicht runterfahren und sich dir und der Situation anvertrauen.
Übrigens, Entspannung wirkt selbst belohnend. Das kennst du sicherlich von dir selber. Deshalb braucht dein Hund dafür keine Belohnung von Dir. Das würde eher eine erneute Erwartungshaltung hervorrufen und damit Aufregung erzeugen. Am besten lässt es sich entspannen, nachdem ihr etwas Sinn-volles gemacht habt (z.B. eine Ersatzjagd). Wenn dein Hund sich lösen und satt fressen konnte, wird er angenehm schläfrig. Das macht es ihm leichter, in die Ruhe zu finden.
Auch eine „ruhige Kugel schieben zu lernen“ ist ein Lernprozess. Es braucht seine Zeit, regelmäßige Wiederholungen und Variationen. Deine Kreativität ist hier ausdrücklich erwünscht. Triff dich gern auch mit anderen Mensch-Hund-Teams, um gemeinsam zu schieben. Die Kugel, meine ich! (Thermoskanne Tee nicht vergessen!)
Zum Mitnehmen für Dich
Damit aufregende Situationen entspannter für euch werden, sollte dein Hund von und mit dir lernen zur Ruhe kommen.
- Ob Unsicherheit oder Freude: Aufregung bringt Stress in die Situation.
- Sorgst Du für seine Sicherheit, kann dein Hund entspannen. Und genau das lässt sich gemeinsam üben.
- Entspannung wirkt selbst belohnend. Leckerlies und Co. würden nur wieder die Erwartungshaltung verstärken.
Viel Freude beim Ausprobieren wünsche ich dir und euch!

Autorin: Christine LU. Surma
Ich unterstütze Menschen dabei, eine echte Beziehung zu ihrem Hund aufzubauen. Für ein entspanntes Miteinander, eine klare Kommunikation und tiefes Vertrauen.» Mehr über mich » Angebote » Kontakt aufnehmen